Sonntag, 1. September 2013

Anmerkungen zum Jahresabschluss 2011/12 der FCB AG anlässlich der VÖ im Bundesanzeiger


Die Jahresabschlüsse des FC Bayern München (Konzern und AG) von 2011/12 sind nun im Bundesanzeiger abrufbar. Die Bilanz und die GuV wurden ja großteils - soweit anhand des FCB veröffentlichten Datenmaterials anlässlich der JHV - bereits recht ausführlich von mehreren Personen besprochen.

Ein paar Interessante Facts kann man dennoch noch aus der Konzernbilanz bzw. der Bilanz der AG herauslesen sowie der Bilanz der AA Stadion GmbH herauslesen. Das hier soll keine Bilanzanalyse im engeren Sinne sein und ist fernab von vollständig. Ich hab die Bilanzen mal quergelesen und die interessantesten Dinge, die mir beim Lesen ins Auge gestochen sind, mal niedergeschrieben - manche interessante Sachen sind mir beim ersten Lesen bestimmt entgangen.


1. Die Allianz Arena hat im Jahr 2011/12 erneut einen Verlust abgeworfen, und zwar in Höhe von 3,7 Mio EUR, der von der AG übernommen werden musste. ABER, der Verlust kam nicht aus dem operativen Geschäft - was aufgrund der Mehreinnahmen aufgrund von Länderspielen und dem CL-Finale auch verwunderlich gewesen wäre - sondern ist auf einen Einmaleffekt zurückzuführen.

Dieser Einmaleffekt ist "mal wieder" auf das abgeschlossene Cross-Currency-Swap-Geschäft des FCB bzw. der AA Stadion GmbH zurückzuführen (wer die Finanzen des FCB schon länger verfolgt der kennt die Problematik des CCS und der bis 2010/2011 gebildeten Rückstellungen für Drohverluste über 10,5 Mio EUR in der Bilanz der AA GmbH bzw. der Konzernbilanz des FCB bereits). Sei's drum, die Führung des FCB hat sich im Verlauf des GJ 2011/12 entschieden, dem Schrecken mit dem CCS ein Ende zu setzen (durch "Glattstellung") und das Verlustpotenzial zu begrenzen: Insgesamt wurden gem. der Ausführung des WP neben den Rückstellungen über 10,5 Mio EUR die bereits in der Vergangenheit gebildet wurden weitere 10,4 Mio EUR für die Glattstellung verwendet. Diese 10,4 Mio EUR belasten das Ergebnis der AA GmbH 2011/12, während die Auflösung der Rückstellung keine weiteren Belastungen nach sich zieht (war bereits in der Vorjahren verrechnet).
Der Gesamtverlust aus dem CCS ("Spekulationsgeschäft"!!) beläuft sich somit auf 20,9 Mio EUR (abzüglich einer kleinen Zinsersparnis (insgesamt 4,6 Mio EUR ca.)  aufgrund der günstigeren Finanzierung in CHF, die diesen Verlust jedoch bei weitem nicht aufwiegt).

Lange Rede kurzer Sinn: Der Umsatz der AA GmbH konnte aufgrund deutlich mehr Spielen (48 statt 42, inkl. CL-Finale) von 47,7 Mio EUR auf 54,4 Mio EUR erhöht werden. Aufgrund der sehr starken Belastung durch den CCS (10,4 Mio EUR, 2010/11: 8,0 Mio EUR Rückstellungsbildung) und trotz verringertem Zinsaufwand (8,6 Mio statt 9,7 Mio EUR) hat die AA einen Verlust von 3,7 Mio EUR (VJ Gewinn 915 TEUR) erzielt, der von der FCB AG gedeckt werden musste (Verlustübernahme). Für 2012/13 wurden nun jedoch erstmals einen deutlichen Gewinn bei der AA GmbH erreicht, da die Umsätze nur leicht sinken sollten (viele Heimspiele im Jahr 2012/13 aufgrund CL-Sieg) bei deutlich reduzierten Kosten.

Ach wenn wir gerade dabei sind: Die Schuldensituation der AA GmbH hat sich im Jahr 2011/12 nicht großartig geändert. Tilgungen wurden, neben der vertraglich vereinbarten Tilgung i.H.v. 4,5 Mio EUR keine vorgenommen, der Schuldenstand gegnüber KI steht damit bei 118,4 Mio EUR - die Audi-Millionen wurden somit weiterhin nur zu einem kleinen Teil zur Tilgung der AA verwendet; stattdessen scheint man das Geld in "Beine statt Steine" investiert zu haben (siehe auch gesunkene Cash-Position der FCB AG im Folgenden). Weiterhin hat die AA noch eine Verbindlichkeit i.H.v. 40 Mio EUR gegenüber der AG, die noch aus Zeiten des Baus des Stadions herwähnt und die wohl erst zurück bezahlt wird, sobald die AA ansonsten schuldenfrei ist und der Cash-Flow der AA GmbH das her gibt.


2. Zur AG wurde ja wahrlich schon viel gesagt, daher hier nur ein paar "Auffälligkeiten" und "Anmerkungen" zur veröffentlichten Bilanz der AG (nur Fußball, ohne AA - d.h. NICHT Konzernabschluss):
  • Der Operating Profit der AG (ohne Spielerverkäufe und Finanzaufwand bzw. Verlustübernahme AA) belief sich bei der AG auf 18,8 Mio EUR (Vj. 14,4 Mio EUR). Aus dem Verkauf von Ekici wurden weitere 4,8 Mio EUR erzielt (als "Eigengewächs" war sein Buchwert "0").
  • Aus dem Anlagenspiegel der AG lässt sich ein Zugang von Spielerwerten von 77,7 Mio EUR herauslesen. Dies ist auf den erst Blick überraschend, da gem. Medienberichten lediglich insgesamt 44,6 Mio EUR für neue Spieler ausgegeben wurden (siehe TM.de Transferübersicht). Selbst wenn man nun noch annimmt, das dem FCB noch Anschaffungsnebenkosten (Beraterhonorare, Reisekosten etc.) i.H.v. 15% (hoch gegriffen) entstanden sind, die ebenfalls aktivierbar sind, kommt man lediglich auf Transferausgaben von ca. 50 Mio EUR. Geht man nun davon, aus, dass die Gustavo-Verpflichtung erst im GJ 2011/12 von statten ging (ca. 20 Mio EUR) ergibt sich also weiterhin eine mächtige Differenz von 7-10 Mio EUR.
    Wo kann diese Differenz nun also herkommen? Mein Verdacht: Es sind ordentlich Handgelder bzw. Signing-Boni an unseren neuen Spieler geflossen. Ein Handgeld kann man auf zwei Arten in der Bilanz bzw. der GuV abbilden: Entweder man bildet einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten und löst diesen jährlich gegen Buchung auf Personalaufwand auf (über die Vertragsdauer) ODER man aktiviert das Handgeld zusammen mit den weiteren Anschaffungskosten und schreibt diese ganze Summe (so wie Transferausgaben ohnehin üblich) über die Vertragsdauer des Spielers ab. Nun, da die aRAP nicht gestiegen, sondern gesunken sind im Jahr 2011/12 (von 5,9 Mio EUR auf 2,7 Mio EUR) und die Summen ohnehin viel zu niedrig sind, für das, was wir so an Handgeld für z.B. Neuer erwarten, liegt der Schluss nahe, dass der FCB seine Handgelder als Anschaffungsnebenkosten aktiviert. Somit dürften von diesen 7-10 Mio EUR Differenz ein großer Anteil auf geflossene Handgelder zurück gehen, ein anderen Teil evtl. darauf, dass man als FCB lieber mal einen kleineren Betrag als Transferausgaben nennt als tatsächlich an andere Vereine fließt.
    Die Liste der Spieler, die im Jahr 2011/12 zu uns stieß lautet wie folgt: Neuer, Boateng, Rafinha, Petersen, Usami, Riedmüller. Ich denke jeder hat seine eigene Meinung, an wen wohl die größten Anteile der Schätzungsweise 10 Mio EUR Handgelder geflossen ist...

3.  Zu genau diesem Thema eine weitere interessante Anekdote. Im Jahr 2011/12 verließen uns folgende Spieler: Klose, Altintop, Ekici, Kraft, Ottl. Die drei letztgenannten Spieler sind Eigengewächse und der FCB macht von dem Wahlrecht, diese "selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände" zu aktivieren, keinen Gebrauch. Demzufolge lag deren Bilanzwert bei 0 bzw. 1 EUR Erinnerungswert. Altintop kam damals ablösefrei, insofern waren für ihn ebenfalls keine Anschaffungskosten zu aktivieren - sollte ein Handgeld geflossen sein, dann dürfte dieses in den aRAP gesteckt haben (wer erinnern uns: unsere aRAP sind deutlich gesunken in 11/12, d.h. es könnte sich bei diesem Effekt um den Abgang von Altintop handeln). Bleibt also nur noch ein Spieler im Jahr 2011/12, den man bei den Abgängen im Anlagespiegel wiederfinden sollte: Miro Klose. Im Anlagengitter sieht man einen Abgang i.H.v. 23,8 Mio EUR ursprünglichem Anschaffunswert, bei gleichzeitigem Abgang von kumulierten Abschreibungen in exakt gleicher Höhe - d.h. es wurde ein/mehrere Spieler verkauft, der bereits voll abgeschrieben war (noch ein Anzeichen dass es sich nicht um Altintop handeln kann, hätte man seine Anschaffungsnebenkosten und sein Handgeld bei den Spielerwerten aktiviert gehabt, so wäre dieser aufgrund seiner restlichen Vertragsdauer nicht voll abgeschrieben gewesen).

Halten wir als Zwischenergebnis fest: Für Miro Klose wurden bei seiner Anschaffung 23,8 Mio EUR als Anschaffungskosten aktiviert. Als Ablöse standen damals 15 Mio EUR im Raum, plus der ANK von ca. 15% kommen wir auf 17,3 Mio EUR - auch hier wieder eine schöne Lücke von ca. 6,5 Mio EUR.

Man kann daraus also schließen, dass der FCB für den Kauf von Spielern neben der Transfersumme und dem obligatorischen Beraterhonorar auch gerne mal ein Handgeld bezahlt (weiterhin, nicht nur bei Deisler).
 
4. Die Ausgaben für die Gehälter sind auf ihrem Höchststand mit 165,6 Mio EUR, wobei das wohl 2012/13 getoppt werden sollte aufgrund des sportlichen Erfolgs der Mannschaft, der Vertragsverlängerungen und der Neuzugänge. Auch die Abschreibungen für den Spielerkader waren mit 45,7 Mio EUR fast so hoch wie im Jahr 2009/10, wo man bei 51,4 Mio EUR lag, doch auch da werden wir spätestens 2012/13 einen neuen Höchststand erleben (Anmerkung: mittlerweile bekannt 202 Mio EUR im Jahr 2012/13!).

5.  "Beine statt Steine": Wie mir scheint ist man von der ursprünglichen Idee, die Audi-Millionen zur Tilgung der AA-Schuld auszugeben abgewichen. Tilgungen vor Abschluss der Zinsfestbindung sind einfach zu teuer und daher kein lohnend genuges Investment (im Jahr 2011/12, als man ein Rückzahlungsrecht hatte, hat man zumindest eine Tilgung i.H.v. 35 Mio EUR geleistet). Das heißt, 55 Mio der urspünglich 90 Mio EUR an Cashzufluss durch die Audi-Kapitalerhöhung liegen noch bei der AG. Unser Kassenbestand belief sich auf 98,9 Mio EUR und die "eiserne Reserve" in Form der Wertpapiere des Anlagevermögens auf 9,4 Mio EUR (war mal mehr, allerdings musste man aufgrund der schlechten Kursentwicklung Abschreibungen i.H.v. fast 4 Mio EUR hinnehmen) gegenüber.

Sprich: Abzüglich der 55 Mio EUR, die "eigentlich" für die AA vorgesehen waren sowie ohne Berücksichtigung der WP des AV wäre die "Kriegskasse" des FCB am 30.6.2012 noch mit ca. 44 Mio EUR gefüllt gewesen. Angesichts der Zugänge mit einem Wert von ca. 70 Mio EUR (plus Anschaffungsnebenkosten plus Handgelder) kann man darauf schließen, dass der FCB die 55 Mio EUR wohl endgültig der Kadererweiterung zugeordnet hat statt der Entschuldung bei der AA. Rechnerisch blieben am Ende der Transferperiode noch 98,9 Mio ./. 70 Mio EUR  an die Vereine ./. Anschaffungsnebenkosten 10% 7 Mio EUR =  22 Mio EUR, vor Handgelder, an Cash übrig. Allerdings kann man größere Transfers ja für gewöhnlich in Raten bezahlen und um die Jahreszeit gehen denn langsam auch schon die ersten Zahlungen für Dauerkarten und bald auch schon die ersten CL-Einnahmen ein. Dennoch: Die Entscheidung, das große Cashvorkommen des Vereins in den Spielerkader zu stecken und nur noch wenig Cash übrig zu haben am Ende der Transferperiode war eine sehr riskante, und sicher auch von der Entäuschung der Vorsaison getriebene Entscheidung. Wenn man sieht, wie alles am Ende rausgekommen ist (sportlicher und damit einhergehend auch wirtschaftlicher Erfolg in 2012/13), kann man von einem vollen Erfolg sprechen (high risk, high return).

Hätte es dieser Kader jedoch nicht geschafft, sportlich den "Turnaround" (na ja, bei 3 zweiten Plätzen kann man eigentlich nicht davon sprechen), so wären im Jahr 2013/14 relativ wenig finanzielle Mittel zum Umbau des Kaders zur Verfügung gestanden; und das war sehr wohl ein Risiko das man wohl willens war Einzugehen, um endlich den BVB wieder vom Thron zu stürzen.

Das Konto des FCB dürfte nun wieder gefüllt worden sein durch die sportlichen Erfolge im zurückliegenden Jahr, doch das riesen Festgeldkonto, das wir mal kannten, das ist passé. Was für uns als Fans zählt ist jedoch ohnehin nicht, das größte Festgeldkonto zu haben, es zählt hingegen, den riesen CL-Pokal bei uns in München stehen zu haben.

In diesem Sinne: wheel of fortune, spin on.

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